20 Nov Haftung beim Immobilienkaufvertrag
Die niedrigen Finanzierungskosten führen derzeit vermehrt zum An- und Verkauf von Immobilien. Leider kommt das böse Erwachen für den Käufer erst später. Ist der Kaufpreis erst einmal gezahlt, das Objekt übergeben, so wird der Käufer nicht selten von Mängeln überrascht, die er zuvor nicht für möglich gehalten hätte. Ein Blick in den Kaufvertrag führt meist schnell zur Ernüchterung. So erhält nahezu jeder notarielle Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung oder eine sonstige Immobilie einen umfangreichen Haftungsausschluss. Demnach wird durch den Verkäufer sämtliche Haftung für Sach- oder Rechtsmängel ausgeschlossen.
Auf diesen Haftungsausschluss beruft sich in aller Regel der Verkäufer und weist daher sämtliche Beschwerden des Käufers zurück.
Ist der Käufer also völlig rechtlos gestellt?
Ganz so dramatisch stellt sich die Rechtslage für den Käufer nicht dar. Ansatzpunkt für Ansprüche des Käufers ist die Vorschrift in § 444 BGB. Diese bestimmt, dass sich ein Verkäufer dann nicht auf einen Haftungsausschluss berufen kann, wenn der Verkäufer entweder eine bestimmte Beschaffenheit garantiert oder aber den Käufer arglistig getäuscht hat.
Verkäufer haftet für die im Kaufvertrag gemachte Beschaffenheitsvereinbarung
Eine ausdrückliche Garantie enthält der Kaufvertrag jedoch selten. Meist achten die Verkäufer darauf, die Angaben zu der Immobilie recht allgemein zu halten und daher auf konkrete Angaben zu verzichten. Gleichwohl finden sich an manchen Stellen auch besondere Beschaffenheitsvereinbarungen, die sodann auch trotz Haftungsausschluss einzuhalten sind. In Betracht kommen zum Beispiel Angaben zur Wohnungsgröße, dem Baujahr oder auch dem bisherigen Zahlungsverhalten eines Mieters, der übernommen werden soll.
Problem: Beweisbarkeit eines arglistigen Verhaltens des Verkäufers
Die meisten Auseinandersetzungen werden allerdings über die Frage geführt, ob dem Verkäufer ein arglistiges Verhalten vorzuwerfen ist. Ein solches Verhalten wird hierbei von der Rechtsprechung nicht nur dann angenommen, wenn der Verkäufer bestimmte Fragen des Käufers falsch beantwortet hat oder in sonstiger Weise bewusst falsche oder irreführende Informationen gegeben hat. Diese Fehlinformationen sind in der Regel stets geeignet, ein arglistiges Verhalten zu entlarven – das Problem liegt hier häufig eher darin, die konkreten Äußerungen auch nachweisen zu können.
Muss sich der Verkäufer Angaben des Maklerexposés zurechnen lassen?
In diesem Zusammenhang kann allerdings auch ein Maklerexposé Bedeutung erlangen. Denn nach verschiedenen Entscheidungen muss sich ein Verkäufer Angaben aus einem entsprechenden Exposé zurechnen lassen, wenn er den Makler mit der Vermittlung des Objekts beauftragt hat und Kenntnis von dem Exposé hatte bzw. die dort enthaltenen Informationen von dem Verkäufer stammen. Falsche Informationen, die sich dort wiederfinden, sind in der Regel von dem Käufer gut nachweisbar und stellen daher einen guten Ansatzpunkt für eine Aushebelung eines Haftungsausschlusses dar.
Bei schweren Mängeln muss der Verkäufer auf diese Mängel hinweisen
Fehlt es an konkreten Äußerungen des Verkäufers, so kann ein arglistiges Verhalten dennoch bejaht werden, wenn dem Verkäufer der Vorwurf gemacht werden kann, dass er den Käufer nicht ungefragt über das Bestehen von Mängeln informiert hat. Natürlich wird der Verkäufer hierbei nicht über sämtliche Mängel aufzuklären haben, da grundsätzlich jede Partei ihre eigenen Interessen wahren darf und soll. Gleichwohl soll – so die Rechtsprechung – eine Aufklärung dort erfolgen, wo ersichtlich eine besondere Bedeutung für die Kaufentscheidung des Käufers besteht. Je wesentlicher ein Mangel daher ist, desto eher wäre der Verkäufer auch verpflichtet gewesen, über den Mangel aufzuklären.
Die Entscheidungen in der Rechtsprechung hierzu sind zahlreich. Häufig anzutreffen ist ein Ungezieferbefall (z. B. auch Hausbock, Holzwurm) oder auch Feuchtigkeitsschäden. Hier besteht grundsätzlich eine Aufklärungspflicht, sofern der Schaden einen gewissen Umfang annimmt.
Problem: Käufer muss Verkäufer Kenntnis des Mangels beweisen
Um Ansprüche mit Erfolg anmelden zu können, muss der Käufer hierbei stets nachweisen, dass der Verkäufer Kenntnis des Mangels hatte. Dies ist bei sichtbaren Mängeln sicherlich einfacher als bei eher verborgenen Mängeln. Gerade wenn ein Verkäufer allerdings selbst in einem Objekt gelebt hat, kann in der Regel Kenntnis von einem schwerwiegenden Mangel unterstellt werden.
Bei Unwirksamkeit des Haftungsausschlusses hat Käufer alle kaufrechtlichen Ansprüche gegen den Verkäufer.
Hat der Käufer die Hürde des Haftungsausschlusses übersprungen, so steht ihm die gesamte Palette der kaufrechtlichen Ansprüche zur Verfügung. Der Käufer kann daher grundsätzlich von dem Kaufvertrag zurücktreten, sofern der Mangel eine gewisse Bedeutung aufweist. Möglichst ist stattdessen oder auch daneben die Geltendmachung eines konkreten Schadensersatzanspruches, der zum Beispiel in den Kosten der notwendigen Instandsetzungsmaßnahme besteht.
Ebenfalls denkbar ist die Minderung des Kaufpreises, der insbesondere dort in Betrachtkommt, wo eine Instandsetzung konkret nicht zu beziffern oder nicht möglich ist (z. B. falsches Baujahr).
Je schwerer der Mangel desto einfacher kann Verkäufer i. d. R. die Kenntnis des Mangels nachgewiesen werden.
Insgesamt kann man festhalten, dass die Chancen für den Käufer so schlecht nicht sind. Je schwerwiegender ein Schaden, umso eher wird man davon ausgehen müssen, dass der Verkäufer den Mangel hätte offenlegen müssen.
Rechtsschutzversicherung übernehmen normalerweise derartige Fälle
Käufer, die über eine Rechtsschutzversicherung verfügen, kommen in der Regel in den Genuss einer Übernahme der Kosten durch ihre Versicherung, da es sich insofern um eine „normale“ kaufvertragliche Streitigkeit handelt. Es lohnt sich daher, bei etwaigen Schwierigkeiten auf eine Rechtsschutzversicherung zurückzugreifen. Fehlt eine solche Versicherung, kann der Anspruch allerdings mit Erfolg durchgesetzt werden, so hat der Verkäufer allerdings ohnehin sämtliche Kosten der Rechtsverfolgung zu tragen. Hierzu gehören auch die Kosten der anwaltlichen Vertretung.